Schloss Schiltern
Schloss
Schiltern
Heinrich de Schiltarn wird 1180 erstmals erwähnt. Er ist der erste
bekannte Burgherr von Schiltern. Wie viele seiner Nachbarn war auch er
ein Gefolgsmann der Kuenringer. Es gibt jedoch keine Hinweise darauf,
dass die Burg selbst je den Kuenringern gehörte. Um die Mitte des 13.
Jahrhunderts war sie jedenfalls landesfürstlich. Sie befand sich aber
nicht an der Stelle des jetzigen Schlosses, sondern neben der heutigen
Pfarrkirche. 1377 wird ein Ruger von Schiltern als Kämmerer der
Herzogin Beatrix genannt. Ab 1386 gelangten Teile der Herrschaft an
Konrad und Hermann von Schad. 1402 dürfte sich diese bereits zur Gänze
im Eigentum von Georg Schad befunden haben. Zu seiner Zeit gelangte die
Oberherrschaft an das Haus Brandenburg-Hohenzollern. Wie dies geschah,
ist bis heute nicht geklärt. Schiltern blieb bis 1783 brandenburgisches
Lehen um danach wieder landesfürstlich zu werden.
Die Familie Schad
verlegte ihren Herrschaftssitz auf die benachbarte Burg Kronsegg und
überließ die Burg Schiltern dem Verfall. Ein späterer
Herrschaftsinhaber, Erasmus Leisser, ließ um 1596 den am westlichen
Ortsrand liegenden Gutshof zum Nordflügel der heutigen Anlage ausbauen.
Christoph Leisser baute zwischen 1629 und 1636 den West- und den
Südflügel an. Da Kronsegg nicht mehr den gestiegenen Wohnbedürfnissen
genügte, zog man bald wieder nach Schiltern zurück und bewohnte das
neue Schloss. Kaum war dieses fertig gestellt, wurde es 1645 von
schwedischen Truppen geplündert und verwüstet. 1663 ging das Lehen an
die Brüder Johann, Ehrenreich und Ferdinand von Geymann. Diese mussten
die Schäden aus dem Dreißigjährigen Krieg beheben.
1679 war die Herrschaft im Besitz der Freiherren von Hackelberg. Um
1740 wurde das Schloss weitgehend barockisiert. Als Schiltern wieder
landesfürstlich wurde, gehörte es Johann Graf Fuchs. 1856 kaufte Karl
Wolfgang Graf Aichelburg den Besitz. Er gehörte ihm als freies Eigen.
1928 starb die in Schiltern lebende Zweiglinie der Grafen Aichelburg
aus. Das Schloss wurde von der Stadtgemeinde Langenlois erworben, die
es aber bereits nach einem Jahr an das Kremser Institut der Englischen
Fräulein weitergab, das hier eine Schule samt Internat einrichtete.
1938 beschlagnahmte das Deutsche Reich das Gebäude. Zwei Jahre später
wurde es von der SA übernommen. Die russische Besetzung war nur kurz
und bereits 1947 konnte der Orden den Schulunterricht wieder aufnehmen.
Allerdings befand sich das Schloss bereits in einer schlechten
Verfassung, so dass es umfassend renoviert werden musste. Die
beträchtlichen Kosten übernahm John Schleifer, der nach dem Ersten
Weltkrieg als Arbeitsloser aus dem Waldviertel nach Amerika
ausgewandert war und es dort bis zum Direktor der Chrysler-Werke
gebracht hatte.
Seit 1987 gehört das Schloss der Psychosozialen Zentrum
Schiltern Gmbh, die sich um die Betreuung und Förderung psychisch
beeinträchtigter Menschen bemüht. Eingemietet sind die Caritas St.
Pölten und der Verein Arche Noah.
Das Schloss liegt am westlichen Ortsrand der Gemeinde. Es ist ein
stattlicher zweigeschossiger Dreiflügelbau, der im 16. Jahrhundert
errichtet, aber später mehrfach verändert wurde. Beim Umbau von 1989/90
wurden einige Bauten abgerissen. Markant sind die beiden, nur wenig
höheren, runden Ecktürme mit ihren barocken schindelgedeckten
Zwiebelhelmen. Die neunachsige Schauseite des Schlosses ist nach
Norden, zur Ortsstraße hin gerichtet. Die Fassade wird durch die
barocken Fensterverdachungen, Füllfeldern sowie ein umlaufendes
Konsolgesims belebt. Das prächtige Hauptportal stammt aus dem frühen
18. Jahrhundert. Es wird von ionischen Pilastern flankiert. Am
verkröpften Gebälk stehen zwei große steinerne Schmuckvasen.
Stuckgirlanden ziehen sich über das darüber befindliche Fenster empor.
Im 19. Jahrhundert wurde am Portalbogen das Wappen der Familie
Aichelburg angebracht. Über der Mittelachse erhebt sich ein im 19.
Jahrhundert erneuerter Dachreiter mit mehrfach gebrochenem Helm. Die
Hoffassaden sind betont schlicht gehalten. Lediglich ein Portal an der
Westseite wurde im 18. Jahrhundert reich mit Stuck verziert.
Zwischen
zwei Blumenvasen erkennt man eine Soldatenbüste. Bemerkenswert sind
auch die venezianischen Schornsteine des Westtraktes. In diesem
Gebäudeteil liegt auch die quadratische kreuzgratgewölbte Kapelle. Sie
wurde um 1760 mit Fresken in der Art des Johann Leopold Daysinger
geschmückt. Diese stellen u. a. die christlichen Tugenden und die vier
Evangelisten dar. Sie wurden erst in der zweiten Hälfte des 20.
Jahrhunderts aufgedeckt und restauriert. An der Baldachinbekrönung des
Altares ist das Allianzwappen der freiherrlichen Familien Moser und
Suttner angebracht. Im Erdgeschoß befindet sich ein Saal, dessen
Stichkappengewölbe auf einem achteckigen Mittelpfeiler ruht. Das
Schloss ist modern-zweckmäßig eingerichtet. Von der einstigen Gemälde-
und Skulpturensammlung der Familie Aichelburg hat sich nichts mehr
erhalten. Ein repräsentatives Rokoko-Schmiedeeisentor führt in den
Schlosspark auf der anderen Seite der Straße. Hier steht auf einer
kleinen Anhöhe ein zierlicher, reich stuckierter Gartenpavillon, der im
Inneren mit illusionistischen Architektur- und Landschaftsmalereien
ausgestattet war. Von ihnen haben sich nur mehr Reste erhalten.
Lage: Niederösterreich/Waldviertel – ca. 8 km nordwestlich von Langenlois
Besichtigung: von Mitte April bis Mitte Oktober weitgehend zugänglich
Weitere Literatur:
-
Burgen - Waldviertel und Wachau
- Reichhalter/Kühtreiber
- 2001
-
Burgen und Schlösser zwischen Gföhl, Ottenstein und Grafenegg
- M.Buchmann/B.Faßbinder
- 1996
-
Das Kamptal
- W.Häusler/W.van der Kallen
- 1980
-
Das Waldviertel
- Franz Eppel
- 1966
-
Dehio - Niederösterreich nördlich der Donau
- 1990
-
Die niederösterreichischen Burgen und Schlösser Bd.2
- 1925
-
Österreichisches Burgenlexikon
- Georg Clam Martinic
- 1992
-
Schlösser in Österreich I
- Laurin Luchner
- 1978
-
Von Schloß zu Schloß in Österreich
- Gerhard Stenzel
- 1976
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Quellenangabe:
Mit freundlicher Genehmigung von
www.burgen-austria.com
19.01.2009 |